Korrespondenz zur Unterbringung von Flüchtlingen in einer Traglufthalle am Flugplatz Schönhagen
Liebe Mieter und Kollegen,
heute ist in der Kreisverwaltung die Entscheidung gefallen, auf dem ehemaligen Grundstück der Minigolfanlage, an der Flugplatzzufahrt, eine Traglufthalle zur Unterbringung von Flüchtlingen zu errichten.
Die Flugplatzgesellschaft ist im öffentlichen Eigentum des Landkreises Teltow Fläming und der Stadt Trebbin.
Als Geschäftsführer der Flugplatzgesellschaft möchte ich Ihnen gerne meine grundsätzliche Haltung dazu vermitteln und würde mich freuen, wenn diese auch Ihre Unterstützung findet.
Vor uns steht sicher keine einfache Aufgabe. Die tägliche Berichterstattung rund um den Betrieb von Flüchtlingsunterkünften ist jedem von uns bekannt.
Dessen ungeachtet müssen wir tagtäglich von den grauenhaften Verbrechen erfahren, denen die Zivilbevölkerung in einigen Regionen des Nahen Ostens ausgesetzt ist und vor denen diese Menschen sich und ihre Familien in Sicherheit bringen. Nicht zuletzt die Ereignisse in Paris zeigen mit trauriger Gewissheit, dass der Terror längst in unserer Mitte angekommen und gegen uns alle gerichtet ist.
Wenn der Flugplatz, der als öffentliche Einrichtung auch eine öffentliche Verantwortung trägt, den Auftrag erhält, Flüchtlinge aufzunehmen, dann wird er diese Aufgabe mit der gebotenen Professionalität und Sachlichkeit erfüllen. Nach verschiedenen Gesprächen mit meinen Mitarbeitern bin ich überzeugt, dass diese Aufgabe nicht nur als Last empfunden wird sondern auch als Gelegenheit, mit einer kleinen Geste in diese unmenschliche Spirale aus Gewalt, Flucht und Vertreibung einzugreifen. Letztendlich ist die uns zugedachte humanitäre Aufgabe ein Teil des Aufgabenpaketes, das zu leisten ist, um dem Terror die Stirn zu bieten. Unsere Gastfreundschaft ist sicher nur ein kleines, unbedeutendes Glied am Ende einer langen Kette, doch für den einzelnen Menschen, der zu uns kommt, wird sie die wertvollste Hilfe sein, die er nach Verlassen seiner Heimat, seiner Freunde, Angehörigen und Habseligkeiten, nach Monaten der Flucht bekommen kann.
Natürlich sind Flüchtlingsunterkünfte nicht frei von Problemen.
Nicht jeder, der zu uns kommt, wird zu den bürgerlichen Familien gehören, die unsere Hilfe verdient haben. Unterschiedliche ethnische Gruppen treffen zusammen, leiden unter Lagerkoller und Perspektivlosigkeit. Nicht zuletzt müssen wir die Gäste vor den Übergriffen unserer eigenen Landsleute schützen. Es gibt politische Versäumnisse in der Vergangenheit und man kann tagtäglich beobachten, dass die Bundespolitik noch lange nicht den richtigen Weg gefunden hat, um mit dem Flüchtlingsansturm angemessen umzugehen.
All diese Probleme sind bekannt, doch deren Diskussion führt uns nicht weiter, solange wir bereits vor vollendeten Tatsachen stehen. Die Leute sind da und werden mit jeder Gräueltat im Nahen Osten zahlreicher. Heute reden wir nicht mehr über die Abwendung eines Problems sondern über dessen Lösung und die kann nur funktionieren, wenn jeder, der Verantwortung übernehmen kann, diese auch übernimmt.
Sicher gäbe es im Landkreis noch andere Grundstücke. Doch bei näherer Prüfung verschiedener Rahmenbedingungen schmilzt die Auswahl schnell dahin. Der Flugplatz ist zwar ein kreiseigenes Unternehmen und der Landkreis für die Einrichtung von Flüchtlingsunterkünften verantwortlich, dennoch will ich die Verantwortung für diese Entscheidung nicht alleine auf den Landkreis abwälzen. Als Geschäftsführer bin ich auch im rechtlichen Sinne für die Flugplatzanlage verantwortlich. Daher hätte ich natürlich auch das letzte Vetorecht. Dennoch habe ich die Entscheidung, im Bewusstsein aller Konsequenzen, zugunsten der Unterbringung getroffen. Luftfahrt ist international, offen und gerade die Allgemeine Luftfahrt ist immer wieder in Krisensituationen gefragt. Der Flugplatz wird sich daher nicht in die lange Kette derer einreihen, die stets Lösungen fordern ohne diese vor der eigenen Tür umsetzen zu wollen.
Niemand wird blauäugig an diese Aufgabe herangehen:
Die Erfahrung zeigt, dass eine kleine Einheit von 250 bis 300 Menschen, wie sie hier geplant ist, relativ familiär und friedlich funktioniert. Die bekannten Probleme treten überwiegend in den großen Massenunterkünften auf. Dennoch wird sicher auch unsere Traglufthalle nicht frei von Konflikten bleiben. Um diesen angemessen zu begegnen, wird es ein Sicherheitskonzept geben, das mit den zuständigen Behörden abzustimmen und von der Luftsicherheitsbehörde zu genehmigen ist. U.a werden dazu eine geeignete Zaunanlage, ein mehrköpfiger Wachschutz, der rund um die Uhr aktiv ist und eine soziale Betreuung gehören. Ferner ist das ausgewählte Grundstücke, wie Sie in der Anlage erkennen können, weitgehend vom übrigen Flugplatz getrennt.
In rund 14 Jahren auf dem Flugplatz habe ich das eine oder andere Mal erfahren müssen, wozu Flugplatzgegner fähig sind, die eigentlich zu unseren Nachbarn gehören. Vor den Menschen, die nun zu uns kommen, habe ich keine Angst. Daher werden wir kein Bild vermitteln, in dem, sinnbildlich gesprochen, vor den Gästen die Fensterläden zugeklappt und die Türen verrammelt werden. Dafür hätte es in der Vergangenheit schon weitaus realere Anlässe gegeben.
Wir werden mit dieser Aufgabe mit der notwendigen Vorsicht und Wachsamkeit aber auch mit der gebotenen Weltoffenheit, Toleranz und Gastfreundschaft umgehen.
Ich würde mich freuen, wenn Sie diese Haltung unterstützen und vielleicht auch für die eine oder andere Situation Verständnis haben, die sich daraus noch ergeben wird.
Das beiliegende Luftbild zeigt die Lage der Halle.
Falls Sie an weiteren Informationen interessiert sind, findet am 1. Dezember um 18 Uhr im Saal des Flugplatzes eine offizielle Informationsveranstaltung des Landkreises statt.
Mit freundlichen Grüßen
Dr.-Ing. Klaus-Jürgen Schwahn
Geschäftsführer
Reaktionen auf diese Mail:
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Hallo Herr Dr. Schwahn,
vielen Dank für die Information. Hochachtung zu dieser offenen und ehrlichen Positionierung. Ich bin sehr beeindruckt davon und danke Ihnen für Ihr Engagement in dieser für uns alle bewegenden Angelegenheit.
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Lieber Herr Dr. Schwahn und Team,
für den internationalen Frieden sicherlich ein kleiner, aber wichtiger Schritt. Der Flugplatz ist für die Bewegung und Freizügigkeit ein Symbol und soll allen Menschen weltweit offen stehen.
Vielen Dank für Ihr Einsetzen für mehr Menschlichkeit in Sicherheit.
Am 1. Dezember nehme ich am Informationsabend teil.
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Sehr geehter Herr Dr.Schwahn,
als Mieter eines Stellplatzes in der Halle … bin ich sehr besorgt über Ihre Entscheidung, auf dem Flugplatzgelände eine Asylantenunterkunft zu genehmigen.
Ihre Entscheidung ist sehr ehrenwert, aber wie wollen Sie den offenen Flugplatz vor unbefugtem Zugang und Zerstörung sicher? Unsere Medien geben nicht ganz die Probleme wieder, die mit Flüchtlingen entstehen. Als Beispiel übersende ich Ihnen eine Mail, die ich gerade von einem Freund erhalten habe:
Ein Bediensteter der Österreichischen Bundesbahn (ÖBB) hat mir berichtet,
daß schon gar keine Zug-Garnituren mehr zur Verfügung stehen, weil die Wagen
VOLLKOMMEN zerstört sind: man kann diese ohne Schutzkleidung gar nicht betreten, weil
Man sofort erbricht. U.a. wurden die Polsterungen aufgeschlitzt und da hinein
Die Notdurft verrichtet. Die Wagen können nur von Spezialteams gereinigt werden.
Die müssen dann auch grundsaniert werden.
Deshalb bitte ich Sie, Ihr Entscheidung, wenn möglich noch einmal zu überdenken.
Sehr geehrter Herr…,
danke für Ihre Nachricht. Das Grundstück liegt am Flugplatzrand und wird mit einer Zaunanlage vom übrigen Geländen getrennt werden.
Man muss letztendlich auch über die Alternative nachdenken.
Für die Stadt Trebbin ist es leider unabwendbar, dass hier im Umkreis eine Unterbringung geschaffen werden muss.
Die haben wir lieber am Rand des Flugplatzgeländes im Auge, mit aller Aufmerksamkeit der verschiedenen Sicherheitsorgane (einem vernünftigen Sicherheitskonzept, Polizei- und 24 h Wachschutz) als zwei km neben dem Flugplatz ohne jegliche Sicherheitsmaßnahmen für den Flugplatz. Das Risiko wäre im letztgenannten Fall sicher höher.
Wir sind leider nicht mehr in der komfortablen Situation, dass die Auswahl an geeigneten Grundstücken sehr groß wäre und die Lösungen müssen mehr oder weniger sofort gefunden werden.
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Hallo Klaus,
Gratuliere! Deine Entscheidung ist absolut richtig und deine Erläuterungen leuchten jedem ein. Auch denen, die von Pegida träumen haben die Chance was zu lernen. Aber bei denen ist das wie im richtigen Leben, wer lesen kann ist im Vorteil.
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Hallo Monika,
hiermit beantrage ich umgehend an allen Eingängen des Bürogebäudes eine Klingel anzubringen. Die Eingänge dürfen bei Einzug unserer neuen Bewohner nicht mehr offen stehen.
Die Bürotüren allein genügen nicht. Des weiteren bitte ich um die zusätzliche Sicherung der äusseren Kellertür...
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Sehr geehrte Frau Kuehn,
vielen Dank fuer die Info. Auf der Zeichnung sind weitere rote Flaechen eingezeichnet. Kommen da weitere Hallen hin? Wie wird er Zugang zum Verein sicher gestellt? Muss ich in Zukunft durch militaerische Kontrollen durch? Wie soll das funktionieren – auf der einen Seite Leute, die jeden Tag 24 Stunden totzuschlagen haben und auf der anderen Seite wir?
Sie wissen, dass das nicht das Ende der Fahnenstange ist sondern erst der Anfang. Steht der Flugplatz naechstes Jahr noch zur Verfuegung oder wird das alles eine grosse Traglufthalle?
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Sicher erhalten Sie nach Ihrem Rundbrief viele Anfragen.
Für Sie keine einfache Situation.
Ich bin Berufspilot und wunder mich wie problemlos die Sicherheitslage beurteilt wird. Während wir in Damaskus ein riesen Fass aufmachen akzeptieren wir hier ggf bewaffnete eingeschleuste Islamisten an einem Flugfeld ?
Also seinen Sie mir nicht böse aber starte und lande dann lieber nicht mehr in EDAZ.
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Hallo Herr Schwahn,
finde ich sehr gut - nur so kann Demokratie gelebt werden.
Weiter so !
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Guten Abend!
Seit 1982 betreibe ich ein und manchmal 2 Wohnheime auch für diesen Personenkreis. Ausführungen möchte ich Ihnen und mir ersparen.
Aber der Wachschutz rund um den VLP sollte 24 Stunden am Ort sein. Es sollte auch konsequent darauf geachtet werden....
Mit freundlichen Grüßen
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Sehr geehrte Frau Kühn, sehr geehrter Herr Schwahn,
Ihre Maßnahme unterstütze ich voll und ganz und gratuliere Ihnen für diese Entscheidung.
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Hallo Klaus.
Mir ist klar, dass diese Aufgabe eine echte Herausforderung darstellt-aber es ist überhaupt keine Frage-das muss gemeistert werden.
Natürlich wirst Du in Deiner Verantwortung die Hauptlast zu schultern haben, meinerseits sage ich Dir volle Unterstützung zu und stehe zur Verfügung ,wenn Du mich benötigst.
Soweit erst mal als erste Reaktion.
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Hallo Klaus,
Danke für die Info , ich werde wenn ich am Donnerstag wieder da bin versuchen in unserem Sinne Einfluss zu nehmen und stehe grundsätzlich hinter deiner Entscheidung. Das was ich nicht verstehe und ich denke ihr wohl auch nicht ist die Tatsache das die Politik die ankommenden Menschen recht perspektivlos zu verteilen scheint , die Menschen brauchen ja nicht nur eine Unterkunft sondern auch ein Ziel vor Augen wie ihr Leben weitergehen soll . Wir können das gerne diskutieren und vielleicht auch was im positiven Sinne bewirken . Das mit ... tut mir leid , ich denke das ist eine Paarung von Unwissen und Angst , aber mit Aufklärung bekommen wir auch die in unser Boot. Er hatte mich gefragt an wen er sich wenden kann um was zu erfahren und ich hatte ihn an Herrn Berger verwiesen .
Vielleicht macht es strategisch Sinn wenn sich die Verantwortlichen der ausgewählten Standorte mal mit der Landrätin an einen Tisch setzen um vorausschauend zu erörtern , wenn meine Hilfe gebraucht wird bin ich gern dabei .
Gruß aus der Sonne
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Sehr geehrter Herr Dr. Schwahn,
über Herrn … wurde mir Ihr Schreiben zur Unterbringung von Flüchtlingen zugeleitet.
Ich habe nicht vor, etwas gegen die Einrichtung der Halle auf dem Gelände des Flugplatzes zu unternehmen.
Allerdings möchte ich Sie nicht im Unklaren darüber lassen, daß ich weder Ihre politischen Einlassungen zu diesem Thema noch die Sinnhaftigkeit der Traglufthalle am geplanten Ort teile.
Wegen konkreter Sicherheitsbedenken werde ich mir überlegen ob ich während der Zeit der Unterbringung die bei Ihnen abgestellte Maschine nutzen werde.
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Sehr geehrter Herr Dr. Schwahn,
Sie haben mir mit Ihrem Schreiben aus der Seele gesprochen. Vielen Dank.
Ich versuche am 01.12.2015 vorbeizukommen. Viel Kraft und Zuversicht Ihnen und Ihrem Team.
Herzliche Grüße, unbekannterweise
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Lieber Herr Schwahn,
es sind nun doch (leider) ein paar Tage vergangen, bevor ich die Ruhe gefunden habe, die richtigen Worte zu finden um Ihnen ausdrücklich zu danken für Ihr Engagement in dieser Angelegenheit.
Traurigerweise hat man manchmal den Eindruck, dass eine Unterstützung der Flüchtlinge in diesen nun bedrückenden und schon vor den Terroranschlägen sicherlich nicht einfachen Zeiten nur noch von einer Minderheit als notwendige Verpflichtung gesehen wird.
Es freut mich daher besonders, dass Sie sich nicht nur als Bürger privat dieser Herausforderung stellen, sondern auch in Ihrer Verantwortung für unseren Flugplatz nach gründlicher und sorgfältiger Abwägung den Auftrag des Landkreises erfüllen können und dafür, wie Sie schreiben, auch die Unterstützung Ihres Teams gewinnen konnten.
Ich komme zwar erst am Dienstag von einer Reise zurück, werde aber versuchen, die Gelegenheit am Abend zur weiteren Information wahrzunehmen und falls nötig auch unsere gemeinsame Meinung zu den Dingen zu äußern.
Auf dass es gelinge: "Wir schaffen das", und beste Grüße
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27.01.2016:
…ansonsten wollte ich Ihnen auch nochmal sagen, dass mich Ihr Pragmatismus und Ihre Rationalität beim Umgang mit der Flüchtlingsunterkunft am Flughafen Schönhagen, einem doch sehr emotional aufgeladenen Thema, sehr beeindruckt haben. Ich drücke Ihnen die Daumen, dass auch dieses Thema ein Erfolg wird. Ich persönlich freue mich jedenfalls, wenn ein Flugplatz zu etwas mehr Mitmenschlichkeit im Umgang beitragen kann und die Gastfreundschaft, die ich als Pilot weltweit genießen darf, auch bei uns in der Heimat für andere Menschen erfahrbar macht.
Mit freundlichem Gruß
…
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